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In der Schwarzen Szene wird vor allem individuelle Kreativität groß geschrieben, insbesondere wenn es um das eigene Auftreten geht. Aber eine zunehmende Kommerzialisierung bringt auch immer einen Verlust individueller Kreativität mit sich. Die großen Internetkaufhäuser versorgen die Szenemitglieder mit allem was das 'Schwarze Herz' begehrt. Von der Bekleidung bis zur Zimmereinrichtung ist alles im schwarzen Stil zu finden. Was man sich in den Anfangszeiten der Szene selber basteln oder schneidern musste, ist heute käuflich zu erwerben. Dennoch versucht man trotz solchen Kommerzialisierungs- und Standardisierungsversuchen von Seiten des Marktes, sich die eigene Kreativität zu erhalten. Dass die Gothic-Szene ein enormes Kreativitätspotential beherbergt, zeigt sich auch an der Beschäftigung vieler Szenemitglieder mit Lyrik, Malerei oder Fotografie (siehe: Links).
Innerhalb der Schwarzen Szene finden sich vielfältige Stile, wobei das äußere Erscheinungsbild meist eng mit der jeweiligen Musikrichtung(en) verknüpft ist, welchen man zugetan ist. So findet man auf den großen Szenetreffen unter anderem folgende Stile:
- Der klassiche Gothic-Stil ist nur noch vereinzelt anzutreffen. Hiermit ist der Stil aus den Anfangsjahren der Szene gemeint: die weißgeschminkten Gesichter im Kontrast zu schwarzem Mund und blutunterlaufenen Augen, damals auch als 'sich totschminken' bezeichnet. Die Kleidung ist eher weit und hochgeschlossen und weniger auf Erotik fokussiert.
- Der Romantik-Stil: Hier fallen vor allem die verschiedene Korsettarten und der Reifrock auf. Stilprägend sind hier also vor allem Stilelemente verschiedener Epochen. Anhänger dieses Stil bezeichen sich selbst auch als 'Schwarzromantiker'. Als Substil ist der 'historische Stil' zu nennen, bei dem großer Wert darauf gelegt wird, die Kleidung möglichst originalgetreu entsprechend der jeweiligen favorisierten Epoche (z.B. Mittelalter, Barock oder Rokkoko) zu tragen.
- Industrial-Stil: Wie die Musik setzt sich dieser Stil mit den Folgeerscheinungen der Industriegesellschaft z.B. der zunehmenden Künstlichkeit und Technisierung vieler Lebensbereiche auseinander. Gasmasken, Schweißerbrillen, Mundschutz, Schutz- und Tarnanzüge sind hier stilprägend und kreieren eine Ästhetik des bedrohlichen.
- Der Cyber-Gothic-Stil: In diesem Stil manifestieren sich die Einflüsse der Technoszene. Stilprägend sind hier Glitter und Galmour ('London Style'), grelle Neonfarben in Kleidung und Haaren, bunte Haarteile, Kunstpelz und Federboas. Dieser Stil ist futuristisch und 'spacig'.
- Der SM-Stil wirkt durch Materialien wie Lack, Latex und Leder sehr martialisch aber zugleich wird der Körper enorm erotisiert. Klar zum tragen kommen hier die Überschneidungen mit der SM-Szene. Beliebt als Accessoires sind schwere Ketten, breite Halsbänder mit 'spikes' oder Handschellen.
- Der 'Gothic-Lolita-Stil' welcher, zusammen mit Gothic-Bands im 'Visual Kei'-Stil aus Japan stammt, ist im Moment bei den Frauen sehr angesagt ist. Man kokettiert hier mit dem 'Kindchenschema'. Stilprägend sind kurze Petticoats, Tüll, Spitze, die Kleidung erinnert an Ballerinas, Kellnerinnen, Schuluniformen und Dirndl.
Generell auffällig ist zudem das oftmals sehr kunstvolle Make-up der Frauen, aber auch bei den Männern der Szene ist das Tragen von Make-Up oder schwarzem Nagellack nichts ungewöhnliches. Man liebt es sich zurechtzumachen und bei den Festivals geht es auch immer um "sehen und gesehen werden".
Die Gothic-Szene ist eine sehr zurückgezogene Szene die sich meist regional in kleinem Kreis organisiert, wobei sie sich in starkem Maß das Internet zunutze macht. Es gibt zahlreiche online Portale über die die Szenemitglieder in Kontakt treten und sich austauschen.
Die Gothic-Szene ist eher unpolitisch und nicht auf Konfrontation mit der 'Normalgesellschaft' aus, wie es etwa der Punk war. Kritik an der gegenwärtigen Gesellschaft löst eine Suche nach alternativen Sinnangeboten aus. Darüber ist die Faszination vieler Szenemitglieder mit vergangenen Epochen, vor allem dem Mittelalter und der Romantik, mit Mystik und heidnischen Religionen zu erklären, was sich wiederum in der in der Szene verwendeten Symbolik widerspiegelt.
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